Deprecated: mysql_pconnect(): The mysql extension is deprecated and will be removed in the future: use mysqli or PDO instead in /home/clients/dd97c3d1555e010b40d5c268f7caf91f/web/338/dei/includes_c/inc_dbopen.php on line 48
Défense des enfants international
section suisse
 
Afficher un article
Les sources des articles disponibles dans la recherche sont l'historique des bulletins DEI, la Convention des droits de l'enfant ainsi que certaines publication de DEI.


Zwangsmassnahmen im Ausländerrechte
  
[ Bulletin DEI, Februar 1997 Band 3 Nr 1 S. 4, 5 ]

Das Bundesgericht verkennt das Völkerrecht



Par Marie-Françoise Lücker-Babel


Wegen der Beschwerde eines aus Algerien stammenden W Minderjährigen gegen die Fremdenpolizei des Kantons Zürich hatte das Bundesgericht über die Fortsetzung der Ausschaffungshaft des Betroffenen zu entscheiden. Zwangsmassnah-men im Ausländerrecht sind laut Art. 13a-e des Gesetzes über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG) auch gegenüber Minderjährigen über 15 Jahren anzuwenden, wenn die Bedingungen erfüllt sind (in diesem Fall war es die als ernst zu nehmende Gefahr des Untertauchens). Da K. in seiner Beschwerde nebst der unverzüglichen Entlassung aus der Haft geltend macht, es solle auf sein jugendliches Alter Rücksicht genommen werden, hat das Bundesgericht die Frage auch in dieser Hinsicht erörtert.

Dabei kommt es zu folgenden Überlegungen und Schluss-folgerung: "Die Altersgrenze von 15 Jahren wurde in das Gesetz aufgenommen, um gegenüber dem Jugendstrafrecht keine neuen Kategorien zu schaffen (ursprünglich waren 14 Jahre vorgesehen); dabei wurde aber ausdrücklich unterstrichen, dass die administrative Ausschaffungshaft nicht mit den jugendstrafrechtlichen Sanktionen zu vergleichen sei […]. Die strafrechtliche und für die Untersuchungshaft geltenden Bestimmungen über die Trennung von Jugendlichen und Erwachsenen können somit nicht unbesehen auf die ausländerrechtliche Administrativhaft übertragen werden, wie dies der Beschwerdeführer wünscht. Geht es dort um den Schutz von leicht beeinfluss-baren Jugendlichen vor Kontakten mit älteren (meist eventuell verhärteten) Straftätern, besteht hier nicht generell ein solches Trennungsbedürfnis.

Bei der ausländerrechtlichen Haft geht es einzig um die Sicherung des Wegweisungsverfahrens und den Vollzug des entsprechenden Entscheids […]. Die Trennung von Ausländern in Vorbereitungs- und Ausschaffungshaft von anderen Häftlingskategorien soll nach der Rechtsprechung auch äusser-lich zeigen, dass die Haft nicht wegen des Verdachts einer Straftat angeordnet worden ist, sondern einen administrativen Hintergrund hat […]. Dementspre-chend verlangt das Bundesgericht ein abweichendes freieres Haft-regime (Gemeinschaftsräumlich-keiten, Bes uc hs aus übung, Freizeitaktivitäten). Entsprechen die Haftbedingungen diesen bundesrechtlichen Minimalanforder-ungen, ist nicht einzusehen, inwiefern den besonderen Aspekten des Haftvollzugs junger Adminis-trativhäftlinge — insbesondere ihren altersspezifischen Bedürfnissen — nicht im Einzelfall soll Rechnung getragen werden können" (Erwägung 5.a.bb).

Der junge Gefangene, der mit einem 10 Jahre älteren Genossen inhaftiert war, musste unter dessen Benehmen leiden (Schläge, Wegessen der Verpflegung) und die Zusammenlegung mit einem gleichaltrigen Häftling war schon vom Haftrichter ins Auge gefasst worden. Jedoch hat K. gegen diese Haftbedingungen nichts eingewendet und auf allfällige Änderungen eher gleichgültig reagiert (Erwägung 5.b.aa). Aus verfahrensrechtlichen Gründen konnte das Bundesgericht die Sachlage unter diesem Gesichtspunkt nicht berücksichtigen (Erwägung 5.b.bb). Zum Schluss wies das Bundesgericht die Beschwerde ab. (Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts, vom 8. August 1996.)



Kommentar



Da das Bundesgericht nicht befugt ist, die Verfassungs-mässigkeit der Bundesgesetze nachzuprüfen, konnte nicht erwartet werden, dass die Bundesrichter sich für oder gegen die Möglichkeit aussprechen, Jugendliche zwischen 15 und 18 Jahren in Ausschaffungshaft zu nehmen. Trotzdem hätten die Richter mit Rücksicht auf das geltende Völkerrecht erwägen können, die Zusammenlegung von erwachsenen und jugendlichen Häftlingen zu verurteilen. Sie gehen davon aus, dass die Trennung von inhaftierten Erwachsenen und Jugendlichen sich nur durch den schlechten Einfluss, den Kriminelle auf jüngere Insassen ausüben könnten, rechtfertigen lasse.

Der von der Schweiz 1992 ratifizierte internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte (1966) spricht in seinem Artikel 10 zwar von "jugendlichen Beschuldigten" und "jugendlichen Straffälligen" und deutet ziemlich klar auf strafrechtliche Belange. Die Richtlinien haben sich jedoch mit der Zeit verfeinert. Die "Beijing Richtlinien" (Standard Minimum Rules for the administration of juvenile justice, 1985) empfehlen die Trennung von inhaftierten Erwachsenen und Jugendlichen und beziehen sich dabei auf "Delikte" ohne Hinweis auf eine strafrechtliche Qualifi-kation (Richtlinie 2.2.b). Und die UNO Konvention über die Rechte des Kindes bezieht sich einfach auf "jedes Kind, dem die Freiheit entzogen wird" (Art. 37.c); eine Ausnahme darf nur zugunsten des Kindeswohles gemacht werden.

Niemand kann heutzutage behaupten, dass nicht straffällige minderjährige Häftlinge nicht in den Genuss dieser Schutzbestimmung kommen sollten. Dies schon alleine aus dem Grund, dass auf der Welt Hunderte, ja Tausende Kinder aus administrativen Gründen (z.B. wegen Verstössen gegen Gesetze, die das Betteln oder Herumlungern verbieten) in Gefängnissen oder auf Polizeistationen festgehalten werden.

Auch wenn nicht jeder Schweizer Kanton eine derartige Trennung kennt, was die Schweiz bei der Ratifizierung der UNO-Konvention über die Rechte des Kindes zur Formulierung eines entsprechenden Vorbehalts veranlasst hat, haben die Bundesrichter dieses Erfordernis zu Unrecht als nicht anwendbar betrachtet. Kinder in administrativer Haft können genausogut dem schlechten Einfluss und sogar der Grausamkeit Erwachsener ausgesetzt sein, wie die Richter im Fall von K. es anerkennen mussten.

Letztere haben aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht geprüft, ob die Haftbedingungen den "altersspezifischen Bedürfnissen" des K.s entsprechen (Erwägung 5.b.bb). Was in diesem Entscheid auch fehlt ist irgendein Hinweis auf das Kindeswohl, das laut Artikel 3 der UNO-Konvention eine vorrangige Rolle bei allen Massnahmen, die Kinder betreffen, spielen muss.

Die Schweiz hatte zwar zur Zeit dieses Verfahrens die Kinderrechtskonvention noch nicht ratifiziert. Es ist trotzdem unverständlich, warum international anerkannte Richtlinien nicht berücksichtigt wurden; wir denken hier nicht nur an die obenerwähnten Beijing Rules, sondern auch an die Richtlinien der Vereinten Nationen zum Schutz der Minderjährigen im Freiheitsentzug (United Nations Rules for the protection of juveniles deprived of their liberty, 1990) und insbesondere Richtlinie 11.b (Definition des Freiheitsentzugs) und Richt-linie 29 (Trennung von den Erwachsenen in allen Anstalten).

Das Bundesgericht wird sicher in sehr naher Zukunft die Beziehung zwischen Haftbe-dingungen und Kindeswohl nochmals gründlich prüfen müssen.






© DEI - NetOpera 2002 - 2008 Kontakt Conception et réalisation: NetOpera/PhotOpera,





niak2