Problematische neue Formen von Freizeitaktivitäten

[ Bulletin DEI, M�rz 2000 Band 6 Nr 1 S. 15 ]

Diesen Sommer wurden in der deutschen Schweiz im Rahmen von Freizeitangeboten für Jugendliche zwei in ihrer Zielsetzung sehr verschiedene Aktivitäten angeboten. Im Rahmen des Berner Ferienpasses konnten 21 Jugendliche zwischen 11 und 15 Jahren an einer Nachtübung der Armee, genannt “Uebung Nachtfalke” teilnehmen. Es begann mit einer Panzerfahrt, anschliessend fand eine Nachtübung mit den Rekruten statt.

Das zweite Angebot war vom Bund Evangelischer Schweizer Jungscharen organisiert. 110 Jugendliche zwischen 13 und 16 Jahren trafen sich, um “Flüchtling” zu spielen. Aehnlich wie KZ-Häftlinge bekleidet, mussten sie einen langen Marsch mit wenig Essen absolvieren. Nach einer Fahrt im Güterwagen bauten sie sich einen

Unterschlupf in einer Kiesgrube. Um einen Eindruck des Asylverfahrens zu bekommen, wurden sie in Bern von Beamten befragt. Als Abschluss feierten sie mit Asylsuchenden aus einem Erstaufnahmezentrum ein Fest. Die Organisatoren wollten mit dieser Uebung mehr Verständnis und Toleranz für die Leiden der Asylsuchenden auf ihrem langen Weg in die Schweiz erreichen. Die Bilanz scheint ihren Erwartungen entsprochen zu haben: gewisse Teilnehmer erklärten, durch diese Erfahrung eine andere Einstellung zu den Asylsuchenden gewonnen zu haben.

Das Ziel des zweiten Ferienangebotes war klar gegeben, so dass weniger die Gefahr des Ausartens in reine Erlebnisferien bestand. Von Abenteuer kann beim ersten Angebot eher gesprochen werden, ging es darum, beinahe hautnah Krieg zu spielen, ohne dass die Jugendlichen darüber aufgeklärt wurden, dass Krieg überhaupt nichts mit Spiel zu tun hat.

Ganz wohl ist es einem auch beim 2.Beispiel nicht: die Frage bleibt, wie weit extreme Situationen simuliert werden sollen, um zu sensibilisieren. Ohne eine intensive Begleitung und ohne das Ziel einer guten Sache zu dienen, sind diese Ferienangebote fragwürdig.

(Quelle: Der Bund, 27.7.1999 und 7.8.1999.)


Afficher un article Les sources des articles disponibles dans la recherche sont l'historique des bulletins DEI, la Convention des droits de l'enfant ainsi que certaines publication de DEI. Problematische neue Formen von Freizeitaktivitäten [ Bulletin DEI, M�rz 2000 Band 6 Nr 1 S. 15 ] Diesen Sommer wurden in der deutschen Schweiz im Rahmen von Freizeitangeboten für Jugendliche zwei in ihrer Zielsetzung sehr verschiedene Aktivitäten angeboten. Im Rahmen des Berner Ferienpasses konnten 21 Jugendliche zwischen 11 und 15 Jahren an einer Nachtübung der Armee, genannt “Uebung Nachtfalke” teilnehmen. Es begann mit einer Panzerfahrt, anschliessend fand eine Nachtübung mit den Rekruten statt. Das zweite Angebot war vom Bund Evangelischer Schweizer Jungscharen organisiert. 110 Jugendliche zwischen 13 und 16 Jahren trafen sich, um “Flüchtling” zu spielen. Aehnlich wie KZ-Häftlinge bekleidet, mussten sie einen langen Marsch mit wenig Essen absolvieren. Nach einer Fahrt im Güterwagen bauten sie sich einen Unterschlupf in einer Kiesgrube. Um einen Eindruck des Asylverfahrens zu bekommen, wurden sie in Bern von Beamten befragt. Als Abschluss feierten sie mit Asylsuchenden aus einem Erstaufnahmezentrum ein Fest. Die Organisatoren wollten mit dieser Uebung mehr Verständnis und Toleranz für die Leiden der Asylsuchenden auf ihrem langen Weg in die Schweiz erreichen. Die Bilanz scheint ihren Erwartungen entsprochen zu haben: gewisse Teilnehmer erklärten, durch diese Erfahrung eine andere Einstellung zu den Asylsuchenden gewonnen zu haben. Das Ziel des zweiten Ferienangebotes war klar gegeben, so dass weniger die Gefahr des Ausartens in reine Erlebnisferien bestand. Von Abenteuer kann beim ersten Angebot eher gesprochen werden, ging es darum, beinahe hautnah Krieg zu spielen, ohne dass die Jugendlichen darüber aufgeklärt wurden, dass Krieg überhaupt nichts mit Spiel zu tun hat. Ganz wohl ist es einem auch beim 2.Beispiel nicht: die Frage bleibt, wie weit extreme Situationen simuliert werden sollen, um zu sensibilisieren. Ohne eine intensive Begleitung und ohne das Ziel einer guten Sache zu dienen, sind diese Ferienangebote fragwürdig. (Quelle: Der Bund, 27.7.1999 und 7.8.1999.)