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Défense des enfants international
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Unsicherheit im Umgang mit Schülerdaten
Der niederschwellige Informationsaustausch stösst im Bildungswesen an seine Grenzen
von Sabine Windlin

  
[ Bulletin DEI, März 2012 Band 18 Nr 1 S.III-IV ]




Wie viele Informationen dürfen oder sollen Lehrpersonen, Schulpsychologen, Sozialarbeiter und Strafverfolgungsbehörden miteinander austauschen? Die Meinungen darüber gehen auseinander.

Am Mittagstisch mancher Primarschulen geht es oft zu und her wie am Stammtisch einer Dorfbeiz. Der Hunger kurz nach zwölf Uhr ist gross, das Mitteilungsbedürfnis auch. Zu erfahren gibt es einiges: die Mutter eines Kindes kann nicht zur Arbeit, weil sie psychisch schwer erkrankt ist; der Vater eines Jungen verdient über fünfzehntausend Franken und fliegt in der Businessclass um die halbe Welt; das Haus, in das ein Kind eingezogen ist, hat zwei Millionen kostet, aber dort schlafen Mama und Papa nicht mehr im gleichen Bett.

Dass sich der Informationsfluss an einem redseligen Kindertisch nicht steuern, geschweige denn unterbinden lässt, ist den kantonalen Datenschutzbeauftragten bewusst. Dass sich aber Richtlinien aufdrängen, die Klarheit darüber schaffen, wie Lehrpersonen und andere Träger eines Amts- oder Berufsgeheimnisses mit delikaten Personendaten umzugehen haben, hat sich im Laufe der letzten Jahre gezeigt. „Es herrschen innerhalb des Schulbetriebs eine grosse Unsicherheit und ein Bedürfnis nach Aufklärung“, lautet das Fazit von René Huber, Datenschutzbeauftragter des Kantons Zug, der Ende November eine entsprechende Veranstaltung an der Pädagogischen Hochschule Zug durchgeführt hat. Nicht nur Zug, auch Basel-Landschaft, Bern, Zürich und Solothurn haben Leitfäden entwickelt, die sich mit dem Thema Schule und Datenschutz auseinandersetzen.

Wer nach aussergewöhnlichen Gewaltausbrüchen von Schülern, wie jenem im Fall München, nach einem niederschwelligen Informationsaustausch zwischen diversen Amtsstellen ruft, darf nicht vergessen, dass auch er vielleicht dereinst gerne in die Gunst des Datenschutzes kommt. Ein Rektor möchte beispielsweise kaum, dass der Grund seiner Absenz – ein Burnout - den Eltern gegenüber kommuniziert wird, weil er zu einem späteren Zeitpunkt wieder in den Schuldienst einsteigen möchte. Eine Lehrerin möchte nicht, dass das Schulhausteam über ihre erfolglose Bewerbung in der Bildungsverwaltung Bescheid weiss. Die Eltern einer Sekundarschülerin sind nicht erfreut, wenn der zukünftige Lehrmeister über Umwegen erfährt, dass die Tochter – kurz vor Unterzeichnung des Lehrvertrags - wegen Alkoholkonsums notfallmässig hospitalisiert werden musste. Und ein Kind soll nicht dem Gespött der Klasse ausgesetzt sein, weil dessen Vater wegen einem Vermögensdelikt vor Gericht steht.

Was Informationen über Jugendliche betrifft, ist gemäss Datenschützern besonders unter Lehrmeistern das Bedürfnis gross, auch sensible Informationen über potentielle Lehrlinge in Erfahrung zu bringen. Mit Zeugnisnoten und einer Beurteilung in Sozialkompetenz geben sich die wenigsten zufrieden. „Die meisten möchten vertieft über den Charakter des Jugendlichen Bescheid wissen“, so Huber. Unproblematisch ist dies, wenn der Jugendliche selber eine Referenz angibt, ansonsten sind beispielsweise Lehrpersonen nicht befugt, Auskunft zu erteilen. Es gelte, so Huber, der „Grundsatz des Neuanfangs“. Jedes Kind, auch wenn es Ärger machte oder Schwierigkeiten hatte, habe das Recht, Altlasten hinter sich zu lassen. Dieser Grundsatz, betont Huber, sei aber keine Erfindung des Datenschutzes, sondern ein Prinzip der Pädagogik, und im Bewusstsein vieler Lehrpersonen meist gut verankert.

So unbedarft Kinder und Jugendliche untereinander Informationen austauschen oder gar höchst Intimes über sich im Internet preisgeben, so alarmiert und aufgeklärt reagieren manche, wenn sie einen Angriff auf ihre Persönlichkeitsrechte orten – etwa wenn ein Lehrer ihr Handy konfisziert, das unerlaubterweise während einer Prüfung im Einsatz war, und nachschauen will, ob da jemand per SMS geholfen hat. „Das dürfen Sie nicht! Das ist Privatsache!“ muss sich dann der Lehrer vom Schüler belehren lassen – und der Überprüfte hat sogar noch Recht. Gemäss aktuellen kantonalen Richtlinien darf ein Lehrer die Handys der Schüler während des Unterrichts zwar einziehen, aber keine Nachrichten darauf lesen. Ein Löschen der SMS ist – selbst wenn es sich um einen elektronischen Spick handelt – nicht erlaubt.

Immer wieder kommt es aber auch vor, dass Lehrer Opfer von unkorrektem Umgang mit Personendaten werden, indem Schüler sie unerlaubterweise während eines Ausflugs beim Picknicken oder während der Pausenaufsicht beim Nasenbohren filmen und dann provozierend verkünden, man werde die Bilder jetzt auf youtube stellen. Eltern wiederum intervenieren, wenn sie auf der Website der Schule ein Foto ausmachen, auf welchem ihr Kind zu erkennen ist; wobei die Datenschutzexperten hier Gruppenfotos von Schulanlässen zulassen, nicht aber Einzelbzw. Nahaufnahmen von Kindern. Von der Familie getrennt lebende Elternteile schliesslich müssen immer wieder erleben, wie ihnen mit Verweis auf Datenschutz wichtige Informationen – etwa Daten für Schulbesuchstage – vorenthalten werden. Dabei sieht das ZGB ausdrücklich vor, dass auch der nicht-sorgeberechtigte Elternteil ein Recht auf alle wichtigen Informationen über das Kind hat. Verbürgt ist der Kampf eines geschiedenen Vaters, der – wie alle anderen Väter – ebenfalls auf der Elternspalte der Klassenliste seiner Tochter figurieren wollte. „Nicht möglich“, beschied ihm das Rektorat, nur der Name der Kindsmutter als registrierte Sorgeberechtigte werde erwähnt.

Als heikle Schnittstelle gilt jene zwischen der Schule und dem schulpsychologischen Dienst, wo gemäss dem viel zitierten Ansatz der „ganzheitlichen Förderung“ eng zusammenarbeitet werden soll, aber eben auch nicht zu eng. Die Datenschutzbeauftragten setzen Grenzen: Beansprucht ein Kind eine psychologische, psychomotorische oder logopädische Fördermassnahme, so ist die Lehrperson grundsätzlich nicht darüber zu informieren bzw. nur dann, wenn die Information „unterrichtsrelevant“ ist, was unterschiedlich ausgelegt werden kann. Vom Lehrer verfasste Verhaltensberichte wiederum dürfen nicht an andere Lehrerkollegen weitergegeben werden, weil diese „die subjektive Wahrnehmung der Lehrperson enthalten oder durch Antipathie beeinflusst sein könnten“. Schulische Sozialarbeiter, von der Schule direkt angestellt, unterstehen ebenfalls dem Amtsgeheimnis. Sie sollen als Vertrauensperson bei Schwierigkeiten von Eltern und Schülern angegangen werden können. Informieren oder aktiv werden darf der Schulsozialarbeiter gegenüber den Behörden deshalb nur mit Einwilligung des Kindes. Erfährt er allerdings von einer Gefährdung des Kindeswohl, ist er sogar ver- pflichtet, die Vormundschaftsbehörde – nicht aber die Polizei – zu informieren.

Lehrerzimmer sind, was der Austausch von Vertraulichem anbelangt, laut der Einschätzung der Datenschutzbeauftragten oft veritable Infodrehscheiben, um nicht zu sagen Klatschbörsen. Alkoholprobleme von Eltern, über die man munkelt, werden dort unter Umständen genauso verhandelt, wie das Verhalten oder die Probleme einzelner Kinder, egal ob es sich um ADS, Magersucht oder Depressionen handelt. Böser Wille, glaubt René Huber, stecke nicht dahinter, dennoch seien solche Gespräche unter Nennung der Namen nicht datenschutzkonform. „Ist ein Informationsaustausch aus psychohygienischen Gründen not- wendig“, heisst es in den kantonalen Richtlinien an die Adresse gesprächiger Pädagogen, „dürfen keine Namen der Betroffenen genannt werden.“







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