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Défense des enfants international
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Gutachten in Fällen von sexueller Kindesausbeutung /Expertise en cas d'abus sexuels commis sur des enfants
  
[ Bulletin DEI, septembre 2002 Vol 8 No 3 p. 3 ]

Im November 2002 wurde X. vom Obergericht des Kantons Solothurn der mehrfachen Schändung sowie mehrfacher sexueller Handlungen mit Kindern schuldig gesprochen. Das Obergericht hatte seinen Entscheid auf die Aussagen seiner damals 5-jährigen Tochter sowie auf verschiedene Gutachten gestützt. X erhob staatsrechtliche Beschwerde und rügte eine Verletzung des Art. 9 der Bundesverfassung (Willkürverbot). Seiner Meinung nach seien die Befragungen des Kindes sowie die Aussagen der Gutachter nicht fachgerecht gewesen; daher verletze seine Verurteilung den Grundsatz «in dubio pro reo».

Die Bundesrichter äusserten sich wie folgt zur Kompetenz der Gerichte und zu den Anforderungen in bezug auf gutachterliche Diagnosen:

•«[…] Im Besonderen bestehen für die Abklärung des Wahrheitsgehalts von kindlichen Zeugenaussagen bei Verdacht auf sexuellen Kindsmissbrauch fachliche Standards [Literaturhinweise]. […] Streng abgegrenzt werden die allgemeine Glaubwürdigkeit, die sich auf die Person bezieht, und die Glaubhaftigkeit, die nur gerade die spezifische Aussage betrifft und eigentlicher Gegenstand der aussagepsychologischen Begutachtung ist».

•«Die Prüfung der Glaubhaftigkeit von Aussagen ist primär Sache der Gerichte. […] Das Gericht würdigt Gutachten grundsätzlich frei (Art. 249 BStP). Es darf in Fachfragen nicht ohne triftige Gründe vom Gutachten abweichen und muss Abweichungen begründen. Das Abstellen auf nicht schlüssige Gutachten kann gegen Art. 9 BV verstossen, so wenn gewichtige, zuverlässig begründete Tatsachen oder Indizien die Überzeugungskraft des Gutachtens ernstlich erschüttern [Rechtsprechungshinweise]» (Erw. 2).

Im gegebenen Fall spielten folgende Betrachtungen eine entscheidende Rolle:

•«Alle Gutachten attestierten dem Kind Glaubhaftigkeit der Aussagen und Glaubwürdigkeit der Person. [Das Obergericht] führt aber an anderer Stelle aus, die Aussagen des Kindes seien nicht eindeutig und bedürften der Interpretation. Das Kind werde von allen Gutachtern als retardiert qualifiziert. Die Erstbefragung sei völlig unprofessionell verlaufen; daraus könne nichts zum Nachteil des Beschwerdeführers abgeleitet werden» (Erw. 3).

•«Erst am Verhandlungstag visionierte einer der Gutachter das Videoband der ersten Befragung vom 4. Februar 1997 und erklärte, er habe dieses Videoband bis anhin nicht gesehen, und es sei als solches nicht verwertbar; er sei über die Vorgeschichte nicht informiert gewesen und habe nicht gewusst, dass das Kind bereits in psychologischer Behandlung gewesen sei; er stellte zudem fest, dass nicht bloss eine sprachliche, sondern auch eine kognitive Retardierung vorliege, dass die Zuhilfenahme anatomischer Puppen nicht wünschenswert sei, dass das Kind ersichtlich habe spielen und nicht reden wollen, dass keine Analyse der Entstehungsgeschichte der Aussagen stattgefunden habe und dass die Aussage der Mutter gegenüber zentral sei und bleibe» (Erw. 3.a).

•«Als grundsätzlicher Mangel erscheint das Fehlen einer ganzheitlichen aussagepsychologischen Untersuchung [Literaturhinweis]. […] Den Gutachtern schien das Kind ernsthaft in Bedrängnis, nicht nur hinsichtlich möglicher sexueller Übergriffe gefährdet, sondern auch durch die gesamte Situation überfordert» (der Vater des Kindes hatte auch das Sorgerecht beantragt) (Erw. 3.b).

•«Diagnostisch relevante Informationen dürfen nur aus der Aussage selbst bzw. aus dem unmittelbaren Kontext der zu beurteilenden Aussage gewonnen werden. […] Suggestive Fragestellung und sozialpsychologischer Kontext dürfen nicht ausgeblendet werden […]» (Erw. 3.c).

•«Im Gutachten wird festgestellt, infolge der suggestiven Fragetechnik und des fehlenden freien Berichts könne eine Prüfung der 19 Realkennzeichen nicht vorgenommen werden. Dennoch ziehen die Gutachter solche Kennzeichen heran […]. Die Begutachtung erweist sich daher in methodischer Hinsicht als nicht dem gegenwärtigen wissenschaftlichen Standard entsprechend. [… Es] ist zu beanstanden, dass […] Fachleute unter diesen Bedingungen überhaupt eine Begutachtung vornahmen und als hinreichend vertraten. Strafgerichte können zwar nicht eine aussagepsychologische Begutachtung selbst durchführen. Sie müssen aber deren Schlüssigkeit beurteilen können» (Erw. 3.d).

•«[…] das Obergericht […] stützt sich dafür auf eine nicht schlüssige und nicht dem aktuellen wissenschaftlichen Standard entsprechende Begutachtung. […] Auf dieser Beweisgrundlage ist die Verurteilung des Beschwerdeführers, die sich wesentlich auf die Begutachtung stützt […], nicht haltbar» (Erw. 4).

Die staatsrechtliche Beschwerde wurde deshalb gutgeheissen und das Urteil des Obergerichts des Kantons Solothurn aufgehoben.

(Entscheid des Kassationshofs des Bundesgerichts 6P.36/2001, 20.12. 2001, erschienen in BGE 128 I 81.)


Résumé français:


Expertise en cas d'abus sexuels commis sur des enfants

Les expertises psychiatriques conduites en cas d'allégations d'abus sexuels envers un enfant doivent être menées en respectant des critères objectifs. Dans le cas d'espèce, les déclarations de la victime, une fillette âgée de 5 ans, sont claires et peuvent sembler crédibles. Le tribunal cantonal de Soleure a principalement basé la condamnation du père sur les expertises faites à partir des déclarations de la fillette. Mais la première audition a été conduite de manière non professionnelle, un expert n'a vu la bande vidéo de cette audition qu'au jour du procès, des questions suggestives ont été posées, l'enfant apparaît comme retardée non seulement au niveau du langage mais aussi de son développement. Tous ces éléments interdisent au tribunal de se baser principalement sur le travail des experts pour justifier la condamnation. Le doute devant profiter à l'accusé, le jugement du tribunal cantonal est cassé.






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