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Défense des enfants international
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Scheidung der Eltern - und dann ?
  
[ Bulletin DEI, juin 2004 Vol 10 No 2 p. 7 ]

Breit angelegte Forschung über die Auswirkungen des neuen Scheidungsrechtes

Blanca Steinmann


Von den Folgen einer Scheidung sind Kinder und Jugendliche ebenso stark betroffen wie die Eheleute. 12716 waren es im Jahre 2002. Ausser den Zahlen der Statistik aber wissen wir kaum etwas über sie, obwohl das neue Scheidungsrecht ihr Wohl besser schützen will: Es führte die gemeinsame elterliche Sorge ein und verschaffte den Kindern das Recht auf Anhörung. Eine fächerübergreifende Forschung im Rahmen des Nationalfondsprogramms NFP 52 untersucht nun, wie der Alltag von Kindern vor und nach der Scheidung aussieht.


Andrea Büchler wundert sich nicht, dass es in der Schweiz kaum Daten über Scheidungen gibt. Anders als in den angelsächsischen Ländern werde an unseren Rechtsinstituten kaum Wirkungsforschung betrieben. Das wird sich nun ändern. Die junge Rechtsprofessorin der Universität Zürich hat im Frühjahr 2004 vom Nationalfondsprogramm 52 «Kindheit, Jugend, Generationenbeziehungen im gesellschaftlichen Wandel» ein Forschungsprogramm für rund eine halbe Million Franken bewilligt erhalten. Zusammen mit der Psychologin Heidi Simoni vom Marie Meierhofer-Institut wird sie in den nächsten zwei Jahren untersuchen, wie sich das neue Scheidungsrecht auf Kinder und Eltern auswirkt.


Kinder im Mittelpunkt


Die Schweizer Statistiken zeigen vor allem, dass die Scheidungen nach wie vor zunehmen. Heute sind jedes Jahr dreimal mehr Kinder davon betroffen als 1960. Es ist auch zu sehen, dass seit der Einführung des gemeinsamen Sorgerechts nur noch zwei Drittel der Kinder ausschliesslich der Mutter zugesprochen werden – vorher waren es jeweils mehr als 90 Prozent.

Andrea Büchler und ein Mitarbeiter werten als erstes rund 800 Scheidungsakten der letzten beiden Jahre in den Kantonen Basel-Land, Basel-Stadt und Zürich aus. Ihnen kann unter anderem entnommen werden, wer sich scheiden lässt: Alter der Eltern und der Kinder, Bildungsstand und Herkunft der Eltern, Dauer der Ehe. Im Zentrum dieser Analyse steht aber das Wohl der Kinder: Was wurde vereinbart ? Wie wurde die Sicht der Kinder in die Scheidung einbezogen? Hinweise darauf findet man unter anderem in den Anhörungsprotokollen der Kinder und in den Eingaben der beiden Parteien. Für diese Untersuchung wird ein Erhebungsbogen entwickelt, der computergestützt ausgewertet werden kann. Um mehr zur Praxis zu erfahren, werden danach zehn Richterinnen und Richter persönlich befragt: Wie beurteilen sie die Revision des Scheidungsrechtes ? Wie sehen sie ihre Rolle? Welche Mängel gibt es in der momentanen Rechtssituation? Welche Probleme sehen sie in ihrer eigenen Rechtsprechung ?


Betroffene geben Auskunft


Einen anderen Blick auf den Scheidungsprozess haben betroffene Väter und Mütter. Mit einem ausführlichen Fragebogen wird Ende 2004 ihre Situation erfasst. Man rechnet, dass von den 8000 Männern und Frauen in den Kantonen Zürich, Basel-Land und BaselStadt, die sich in den vergangenen zwei Jahren einvernehmlich scheiden liessen, rund ein Fünftel bereit sein wird, anonym Auskunft zu geben. Auch hier wird nach Alter, Herkunft und Bildung gefragt – dann aber vor allem nach ihrer Situation vor und nach der Scheidung: Wohnsituation, Kontakt zu den Kindern, die Rolle neuer Partner, die grössten Belastungen und anderes. Diese aufwendige Befragung und ihre Auswertung werden Heidi Simoni und Andrea Büchler den Forscherinnen von Social Insight Zürich übergeben.

Da die Untersuchungen von Akten und Fragebögen zwar ein breites Bild der heutigen Situation ermöglichen, aber wenig in die Tiefe gehen, plant Heidi Simoni mit ihren Mitarbeiterinnen ausführliche Interviews mit rund 30 Familien. Es werden Mütter, Väter, Kinder und Fachpersonen, welche in den Scheidungsprozess einbezogen wurden, befragt. Das erste Gespräch wird im zweiten Halbjahr nach der Scheidung stattfinden, das zweite neun Monate später. Davon erhoffen sie sich Einsichten, wie Kinder und Jugendliche die Entscheide und Veränderungen während einer Scheidung wahrnehmen. Sie möchten erfahren, welche Hoffnungen und Befürchtungen die Kinder haben und mit welchen Strategien, sie die Situation bewältigen. Da dies nicht zuletzt vom Alter der Kinder abhängt, werden sowohl Vorschul- als auch Schulkinder und Jugendliche altersgemäss befragt.

Alltag unter der Lupe Schliesslich sollen Einzelfallanalysen noch genauere Erkenntnisse darüber liefern, wie die Scheidungsurteile heute in die Praxis umgesetzt werden. Zehn Kinder verschiedenen Alters werden über ihre Erfahrungen befragt: Wie stark waren sie am Prozess beteiligt und konnten mitreden? Gab es Unterstützung von aussen? Wie waren die Erfahrungen damit? Halten sich die Geschiedenen an die vereinbarten Regelungen? Bestehen Änderungswünsche? Wie läuft die Kommunikation zwischen allen Beteiligten? Die gleichen Fragen stellt man ihren Müttern und/oder den Vätern. Bei diesen Gesprächen wird sich zeigen, wie die Interessen und das Wohl des Kindes während der Zeit der Scheidung geschützt werden. «Rein rechtlich wird mit dem Urteil die Scheidung vollzogen. Psychisch und im alltäglichen Leben von Familien ist jedoch eine Scheidung immer ein längerfristiger Prozess, der viel Verarbeitung und Anpassungsleistungen verlangt. Für die Kinder geht es nicht um die rechtliche Beendigung eines Beziehungsverhältnisses, sondern um Weichenstellungen für ihr zukünftiges Leben, um die Gestaltung des gesamten psychologischen und sozialen Raumes, indem sie Identität und Selbstwertgefühl, ihre Persönlichkeit entwickeln» meinen die beiden Forscherinnen im Projektbeschrieb.


Forschung mit Folgen


Die Resultate der umfangreichen Untersuchung werden am Ende nicht in der Schublade landen, sondern für alle am Scheidungsprozess Beteiligten von Nutzen sein. So fächerübergreifend, wie die beiden Forscherinnen nun die Scheidungssituation untersuchen, möchten sie auch ihre Resultate präsentieren. Für Andrea Büchler stehen im Moment die Verfahrensfragen im Vordergrund. Basierend auf den Resultaten ihrer Untersuchung wird man das geltende Scheidungsrecht in der Praxis besser umsetzen und weiter entwickeln können. Richter werden mehr darüber wissen, ob sich ihre Urteile im Alltag als hilfreich erweisen. Da sich die Forschung von Heidi Simoni stärker auf psychologisch Aspekte konzentriert, werden ihre Resultate Hinweise geben, wie Richterinnen, Mediatoren, psychologische und soziale Beratungsstellen Kinder und Eltern beim oft schmerzlichen Prozess besser begleiten und unterstützen können. Bis es soweit ist, haben die beiden Forscherinnen erst mal viel Arbeit vor sich.


Vom Objekt zum Subjekt: Das Kindeswohl im neuen Scheidungsrecht


1997 ratifizierte die Schweiz die Kinderrechtskonvention der UNO. Mehrere darin enthaltene Prinzipien, welche die Stellung des Kindes stärken, sind in das neue Scheidungsrecht eingeflossen, das seit dem 1. Januar 2000 gilt. So verlangt Artikel 3, dass das Wohl des Kindes bei allen Massnahmen vorrangig zu berücksichtigen ist und dass der Staat dazu geeignete Gesetze erlässt.

Wichtig für Scheidungsverfahren ist Artikel 12, der festlegt, dass Kinder bei allen sie betreffenden Angelegenheiten das Recht haben, sich frei zu äussern. Ihre Meinung soll dem Alter und der Reife gemäss, berücksichtigt werden. «Die Kinder werden in geeigneter Weise durch das Gericht oder eine beauftragte Drittperson persönlich angehört, soweit nicht ihr Alter oder andere wichtige Gründe dagegen sprechen» lautet der entsprechende Artikel 144 im Zivilgesetzbuch.

Auch das gemeinsame Sorgerecht wird bereits in der Kinderrechtskonvention angeregt. Im Artikel 133 ZGB hört sich das so an: «Haben die Eltern sich in einer genehmungsfähigen Vereinbarung über ihre Anteile an der Betreuung des Kindes und die Verteilung der Unterhaltskosten verständigt, so belässt das Gericht auf gemeinsamen Antrag beiden Eltern die elterliche Sorge, sofern dies mit dem Kindeswohl vereinbar ist.»

Blanca Steinmann © Blanca Steinmann; Kinag Pressebüro; 5600 Lenzburg.

Andrea Büchler, Professorin für Rechtswissenschaften der Universität Zürich und Heidi Simoni, Psychologin und Forschungsleiterin am Marie Meierhofer-Institut in Zürich untersuchen gemeinsam, wie sich das neue Scheidungsrecht auf das Kindeswohl auswirkt.






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