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Défense des enfants international
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Revision des Vormundschaftsrechtes: Kinderanwälte bleiben freiwillig

Von Barbara Heuberger, Verein Kinderanwaltschaft Schweiz

  
[ Bulletin DEI, décembre 2008 Vol 14 No 4 S.12 ]



In der Herbstsession hat der Nationalrat das Vormundschaftsrecht verabschiedet. Dabei ist als Fortschritt zu werten, dass im neuen Kindesschutzverfahren erstmals die unabhängige Kindesvertretung explizit vorgesehen wird. Leider fehlen aber verbindliche Vorschriften: Die Einsetzung von Kinderanwälten bleibt freiwillig.




In rechtlichen Verfahren vor Vormundschaftsbehörden und Gerichten geraten die Interessen von betroffenen Kindern oft in den Hintergrund. Deshalb ist in weiten Teilen Europas und in den USA der Einsatz von behördenunabhängigen und speziell ausgebildeten Kinderanwältinnen und –anwälten längst Pflicht. Die Schweiz hingegen hält sich bis heute in dieser wichtigen Frage zurück. So hat nun der Nationalrat in der Herbstsession eine Verpflichtung, wonach - mindestens in gravierenden Fällen - Kinderanwälte zwingend eingesetzt werden müssten, abgelehnt.

Kindesschutzverfahren werden meist aufgrund von sehr schwierigen sozialen Situationen durchgeführt. Bei Platzierungen in Pflegefamilien oder Heimen werden die Kinder selber aber oft nicht nach ihrer Meinung gefragt, sondern es wird über sie verfügt.

In den letzten Jahrzehnten hat in den Gesellschaften der westlichen Industrieländer ein tief greifender Wandel in Bezug auf die Stellung des Kindes stattgefunden: Das Kind wird heute nicht mehr als Objekt, sondern als Subjekt mit eigenen Bedürfnissen und Rechten gesehen.

Vor zehn Jahren hat die Schweiz die UNO-Kinderrechtekonvention ratifiziert; sie verlangt, das Wohl des Kindes sei bei allen behördlichen und gerichtlichen Massnahmen, die Kinder betreffen, vorrangig zu berücksichtigen. Die Umsetzung dieser Konvention zieht eine Reihe von Gesetzesänderungen nach sich. Die Grundlage dazu ist in der Bundesverfassung bereits gelegt. Artikel 11 sieht vor, dass Kinder und Jugendliche Anspruch auf besonderen Schutz, auf die Förderung ihrer Entwicklung und Rechte im Rahmen ihrer Urteilsfähigkeit haben.

Zahlreiche Länder haben in ihrem Familienrecht eine Wendung hin zu den Rechten des Kindes vollzogen. Ein zentraler Punkt dabei ist die unabhängige Vertretung eines Kindes in behördlichen und gerichtlichen Verfahren - also auch bei Scheidung, bei Obhutsentzug, Fremd- und Umplatzierungen in Pflegefamilien oder Heime - durch eine juristisch und sozialpädagogisch-psychologisch speziell geschulte Person. Es hat sich nämlich gezeigt, dass die von den Behörden eingesetzten so genannten Erziehungsbeistände die Kindesinteressen oft nur ungenügend wahrnehmen können, weil sie gleichzeitig auch die Interessen der Eltern und der Behörden wahrzunehmen haben. Die besonders schützenswerten Interessen der Kinder gehen deshalb regelmässig unter.

In der Schweiz kommt die Veränderung des Kindesverständnisses - vom Objekt zum Subjekt - nur langsam voran. Zwar wurde im Jahre 2000 für das Scheidungsrecht eine Anhörung des Kindes und auch seine Verfahrensvertretung gesetzlich geregelt, doch nur als Möglichkeit mit absolut freiem Ermessen der Gerichte. So wird diese Kann-Vorschrift bis heute denn auch sehr selten angewendet.

Bei Obhutsentzug oder Fremdplatzierung ging man bislang hierzulande davon aus, die Vormundschaftsbehörden würden die Interessen der Kinder vertreten. Oft sind Eltern oder Sorgeberechtigte aber nicht mehr in der Lage, die Interessen der Kinder genügend zu wahren oder Schaden von ihnen abzuwenden. Deshalb plädiert "Kinderanwaltschaft Schweiz" dafür, dass in jedem Kindesschutzfall von einer gewissen Schwere eine Kindesvertretung von Gesetzes wegen angeordnet wird.

Mit dem revidierten Vormundschaftsrecht werden nun die heutigen Vormundschaftsbehörden, die vielerorts noch Laienbehörden sind und dies auch bleiben werden, fachlich besser ausgestattet. Künftig werden sie durch interdisziplinäre Fachbehörden ersetzt und Kindesschutzbehörden genannt. Das ist auf alle Fälle ein Fortschritt für die betroffenen Kinder, doch ersetzen sie nicht die Einsetzung von Kinderanwälten, die vor allem wegen der beschriebenen systemischen Grundkonstellation bei Kindsgefährdungen dringend notwendig sind. In der Nationalratsdebatte empfahl Bundesrätin Widmer-Schlumpf der Grossen Kammer, die gesetzliche Festschreibung eines Kinderanwaltes abzulehnen und den Behörden zu vertrauen: "Eine solche Behörde muss grundsätzlich in der Lage sein, auch in komplexen, psychosozial anspruchsvollen Situationen das Wohl des Kindes bestmöglich zu berücksichtigen", sagte die Justizministerin. Dem ist entgegenzuhalten, dass auch unter dem revidierten Recht die Kindesschutzbehörden die Interessen aller Involvierten - des Kindes, der Eltern, der Behörden – berücksichtigen muss. Sie sind und bleiben, auch wenn immer wieder das Gegenteil behauptet wird, allparteilich und familienzentriert, nicht kindszentriert und können deshalb nicht gleichzeitig die Rolle des „Anwalts des Kindes“ einnehmen. Dafür bräuchte es unbedingt eine Fachperson, die die subjektive Sichtweise und Interessenlage des Kindes unbeeinflusst von anderen Interessen einbringen und dem Kind gegenüber der Behörde eine Stimme geben kann.

Die Revision des Vormundschaftsrechtes hätte dem Nationalrat nun in der Herbstsession die Möglichkeit geboten, das Vertretungsrecht für Kinder wenigstens im Kindesschutzrecht gesetzlich verbindlich zu regeln und so der Umsetzung der UNO-Kinderrechtekonvention einen Schritt näher zu kommen. Doch hat die Mehrheit der grossen Kammer die dazu notwendigen Anträge zwar abgelehnt und damit eine wichtige Chance verpasst. Kinderanwälte aber bleiben wichtig und können jederzeit zum Wohl des Kindes eingesetzt werden.









Ein Beispiel



Martin* hat nie bei seiner Mutter gelebt, er wächst in einem Heim auf. Seine Mutter ist drogenabhängig und nicht in der Lage, ihn aufzuziehen. Mit neun Jahren kommt Martin in eine Pflegefamilie, wo er sich gut einlebt. Zum ersten Mal in seinem Leben fühlt er sich aufgehoben. Drei Jahre später kündigt Martins Erziehungsbeistand, ein Gemeindesozialarbeiter, völlig überraschend den Pflegevertrag. Begründung: Die Mutter sei wieder gesund und nun in der Lage, den Sohn zu sich zu nehmen.

Martin reagiert auf diese Wendung mit massiven psychischen Störungen, sodass seine Therapeutin eine Gefährdungsmeldung an die Vormundschaftsbehörde macht. Sie ist der Meinung, der Entscheid, das Kind wieder umzuplatzieren, sei vorschnell und schade Martin. Die Behörde ignoriert diese Warnung, ja prüft sie nicht einmal, sondern weist darauf hin, die Mutter habe das Sorgerecht und sei deshalb am längeren Hebel.

Martins Beistand schreibt sein Widerstand den Pflegeeltern zu und nimmt hauptsächlich die Interessen der Mutter wahr, obwohl die Mutter selber eine Beiständin hat.

Martin hatte Glück: Er fand über einen Bekannten eine Rechtsanwältin, die Kinder vertritt. Die Kinderanwältin erhob Beschwerde gegen die von seinem Erziehungsbeistand eigenmächtig angeordnete Platzierung zu seiner Mutter. Im Laufe des Beschwerdeverfahrens half die Anwältin auch, das Verhältnis zwischen Mutter und Pflegeeltern zu verbessern. So hält Martin trotz Spannungen den Kontakt zu seiner Mutter aufrecht. Und: Die Mutter kommt zur Einsicht, dass nicht nur für Martin die Pflegeelternlösung am besten ist, auch für sie selbst.

*Name geändert








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