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Défense des enfants international
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"Na(t)iv digital" oder "Wenn die digitale Identität und das Ruf im Internet das Recht auf Vergessen ausschalten"

Von Sébastien Gendre, responsable du Département Prévention et Formation, Action Innocence, Genève.
Übersetzung : Carsten Jürgensten

  
[ Bulletin DEI, septembre 2013 Vol 19 No 3 p. III-IV ]




1999 und 2013: zwei Welten!
Seit seiner Gründung 1999 versteht sich Action Innocence als einer der ersten Vereine, der sich mit den Ausartungen einer der größten technologischen Errungenschaften aller Zeiten befasst: der Demokratisierung des Internet in den Ländern der entwickelten Welt.

Heutzutage, in der Ära des web 2.0, wo jeder mit wenigen Mausklicks Inhalte in das Internet stellen kann, hat sich das Betätigungsfeld von Action Innocence erheblich erweitert: Cyber-Klau, manipulierte Seiten, die Wirkung schockierender Bilder, Belästigungen, Cyber- Mobbing und Internetsucht sind Themen, mit denen sich befasst werden muß.

Jedes Jahr kommen wir mit fast 28 000 Jugendlichen im Alter zwischen 9 und 16 Jahren , sowie 5 000 Erwachsenen (Eltern, Angestellte aus den Bereichen, Gesundheit, Soziales und Bildung) aus der ganzen Westschweiz in Kontakt.

Was ist unser Ziel? Die Erhaltung der Würde und Integrität von Kindern und Jugendlichen im Rahmen der Nutzung von Information- und Kommunikationstechnologie (IKT).

Im Laufe der Zeit haben wir das Enstehen, die Veränderung und Weiterentwicklung der Nutzungsmöglichkeiten erlebt. Gleichzeitig haben wir die Auswüchse wie auch die Potentiale erkannt, welche uns mit Hilfe dieser Werkzeuge eröffnet werden.
Heutzutage muß sich jeder Einzelne schon von klein auf mit den Erfordernissen und Risiken, die mit seiner digitalen Existenz verbunden sind auseinandersetzen.

Von der "bürgerlichen Identität" zur "digitalen Identität"...

Im Gegensatz zu unserer "bürgerlichen Identität" (z.B. die Daten, die auf unseren Ausweisen vermerkt sind) wird das, was man die "digitale Identität" nennt von uns selbst, aber auch von dem was andere über uns im Internet sagen bestimmt" .

Jedes Mal wenn wir uns auf einer Internetseite registrieren, wenn wir ein Profil in einem sozialen Netzwerk erstellen, entsteht eine neue "digitale Identität", eine Liste verlängernd, von dessen Ausmaß wir zum Teil überhaupt keine Idee haben.

Während es für einen Erwachsenen zum Teil kompliziert ist, die unterschiedlichen technischen Aspekte seiner mehrfachen Identitäten (Passwörter, Identifizierungen, unterschiedliche Plattformen, etc.) sowie die Auswirkungen, welche diese aufeinander haben können zu überblicken, empfinden die "nativen Digitalen" , wie sie genannt werden, die ganze Angelegenheit als vollkommen "natürlich". Sie sind regelmäßige Nutzer von so vielen Geräten, welche die unterschiedlichsten Dienstleistungen anbieten. Gemäß einer unlängst für die Schweiz erstellten Studie sind heute alle Jugendlichen zwischen 12 und 19 Jahren Internetnutzer .

Wir wagen die Hypothese, dass dieser "natürliche" Umstand es verhindert, dass die Jugendlichen die Dinge mit einer gewissen Distanz und Kritikbewußtsein betrachten. Die
"Anzahl der Freunde auf Facebook" ist einer der Hauptbestandteile dessen, was sie unter Beliebtheit verstehen. Je höher man die Anzahl schrauben kann, desto größer ist die Beliebtheit. Während weltweit im Durchschnitt jeder Facebook-Nutzer 130 "Freunde" hat, treffen wir oft auf Jugendliche dessen Profile zwischen 3-400 und 2000 Freunden schwanken!

Für jeden Jugendlichen haben die Ansichten des Anderen eine immense Bedeutung bei der Konstruktion seiner Identität. Dies wird vornehmlich im Rahmen der Nutzung wie sie durch die sozialen Netzwerke erfolgt deutlich: Wenn ein Nutzer eine Information auf seinem Profil veröffentlicht (Foto, Kommentar, Link...), wird der "Wert" der Information erst über die Reaktion der anderen, sowie über Kommentare und "Likes", die er über seine "Post" erhält generiert. Wenn niemand reagiert, kann dies wie ein "Mißerfolg", ein Desinteresse der anderen an seiner Person angesehen werden. Auch der Wettlauf nach Neuigkeiten, nach einer spannenden Information, sei es sich selbst oder einen Dritten betreffend, ist immer häufiger Teil der Strategien, die Jugendliche entwickeln, um die Meinung anderer über sich zu beinflussen.

Es ist bisweilen die "Streuung" (oder "die virusartige Verbreitung"), die Probleme bereitet. Tatsächlich ist die Anzahl derer, die über Informationen verfügen, ohne diese gefragt zu haben nicht nur von den Vertraulichkeitseinstellungen des Halters eines Profils abhängig, sondern auch, im weiteren Verlauf von denen seiner "Freunde"! Wir mögen jederzeit wissen was wir mit unseren Informationen machen, aber wir sind nicht in der Lage zu wissen was unsere Freunde damit anstellen...

Von der "Fremdwahrnehmung" zur "Cyber-Reputation"

Mit dem Aufkommen der digitalen Identität ist es heutzutage schwer die "Cyber-Reputation", d.h. das umfassende Bild unserer Person, welches sich bei Betrachtung der uns betreffenden
Inhalte im Internet ergibt, nicht ausufern zu lassen . Diese kann ggf. große Auswirkung auf unser Leben, beispielsweise in beruflicher Hinsicht, entfalten .

Beinahe 77% aller schweizer Personalvermittler führen anläßlich eines Bewerbungsverfahrens Recherchen im Internet durch. 35% haben bereits ausschließlich aufgrund von Erkenntnissen aus dem Internet einen Kanditaten ausgeschlossen. 7% aller bei einer Suchmaschine durchgeführten Anfragen beziehen sich auf den Namen einer Person .

Als Kind oder Jugendlicher ist es oft schwierig sich über die mittlel- oder langfristigen Konsequenzen seiner Handlungen im Klaren zu sein. Darüber hinaus handelt es sich um ein Phänomen mit welchem die "digitalen Migranten" (Erwachsenen) in ihrer Jugend nicht konfrontiert wurden. Sie verfügen daher weder über die notwendige Erfahrung noch über das konkrete Handwerkszeug, um dieses Phänomen nicht nur zu verstehen, sondern auch um die Jüngsten im Umgang mit dieser Situation zu "erziehen": es handelt sich hier um eine "technologischer Kluft".

Genauso schwierig ist es das Ausmaß dessen zu erkennen was man "die Beständigkeit des Bildes" bezeichnet: ein Bild, einmal im Internet veröffentlicht ist unmöglich zu löschen. Die Kontrolle seiner Verbreitung wird schwierig, und es kann zum ungünstigsten Moment wieder auftauchen. Wir sagen dazu: " Das Internet vergißt niemals!.

Die "digitalen" Auswüchse sind nicht "virtuel"!

Das Foto eines "Saufgelages" unter Freunden, das für einen Dritten erstellte Profil, ein unpassender Kommentar in einem sozialen Netzwerk: viele "digitale" Aktionen haben ganz und gar nicht "virtuelle" Konsequenzen. Die/der Jugendliche, der seiner aktuellen Flamme ein Nacktfoto von sich schickt wird sich seines Fehlers oftmals erst bei Zerbrechen der Beziehung bewußt. Das Vertrauen, von dem man dachte, dass es ewig währt verkehrt sich zu einer Abrechnung und der/die Verliebte rächt sich indem er die einige Monate zuvor ausgetauschten Bilder großzügig verbreitet.

Im Hinblick auf seine Familie und seine Freunde ist es sehr schwierig sich dieser Situation zu stellen, die sich von einer alltäglichen Angelegenheit in einen Alptraum verwandelt hat. Das Bewußtsein, dass sich das Bild nun auf Mobiltelefonen, Computern, Tablets, USB Sticks und Profilen sozialer Netzwerke befindet, und dass es unmöglich sein wird sicherzustellen, dass es von diesen je wieder verschwindet machen die Sache verständlicherweise nicht einfacher... Es bleibt einem nichts anderes übrig als zu lernen "damit zu leben".


Was tun?

Letzlich haben die Auswüchse mit denen wir uns konfrontiert sehen nicht unbedingt viel mit den eigentlichen Werkzeugen zu tun: Facebook, Smartphone, Spielkonsole, Tablet-PC oder Computer sind nur Programme und Maschinen. Es sind die Verhaltensweisen der Nutzer, die die Probleme verursachen.

Daher basieren alle unsere Präventionsmaßnahmen, ganz pragmatisch, auf vier grundsätzlichen Pfeilern: der Entwicklung eines kritischen Geistes als Werkzeug, das es erlaubt Entscheidungen, die man tagtäglich treffen muß mit einer gewissen Distanz zu betrachten; die Entwicklung der Fähigkeit Entscheidungen zu treffen, wenn möglich Gute: oft alleine vor dem Bildschirm, sollte sich das Kind die Zeit nehmen die Konsequenzen "seines Klicks" zu überdenken; die Stärkung der Bürgerrechte, vor allem durch eine bessere Kenntnis der Gesetze (Unkenntis schützt in der Schweiz nicht vor Strafe) und der Entwicklung eines Gefühls der gesellschaftlichen Teilhabe; und schließlich die Entwicklung der Fähigkeit des Selbstschutzes: am besten ist der Internetnutzer selbst geeignet seinen Schutz in die eigenen Hände zu nehmen. Dies verstehen wir unter digitaler Erziehung.

Die fortlaufende Wandelung der Nutzung und die immer schnellere Entwicklung der Technologien, sowie ihre quasi ständige Präsenz in unserem Alltag erfordern von uns logischerweise ein "Risikomanagement": 12% des Inhaltes im Internet ist Pornographie , fast eine Milliarde Personen verfügen über ein Profil auf Facebook, und alle jungen Schweizer sind Internetnutzer!

Um in der Lage zu sein unsere Jugend zu erziehen, einschließlich im Bereich der Digitalisierung, und im Hinblick auf die Paradígmen und Paradoxe, die unsere digitale Gesellschaft ausmachen, ist es unerläßlich, dass die Erwachsenen ihren Platz wieder einnehmen.

Verstehen, neugierig sein, sich dafür zu interessieren was sein Kind macht und erlebt, dies ohne gleich zu (ver-)urteilen, und ihm im Anschluß ein Bewußtsein für die Wichtigkeit erst zu überlegen bevor man handelt zu vermitteln, und weiter die Konsequenzen seiner eigenen Handlungen zu bedenken sind gleichermaßen Schwierigkeiten und Herausforderungen, die jetzt ohne weiteres Zögern von uns Erwachsenen aufgegriffen werden müssen.

Denn während Jugendliche in Bezug auf das know-how uns voraus zu sein scheinen (Geschicklichkeit, intuitives Verständnis der Funktionen, intensive Nutzung...), verhält es sich mit anderem Können komplett umgekehrt (Kritikbewußtsein, Bürgerrechte, Selbstschutz): kein Kind kann sich in diesen Bereichen ohne Unterweisung eines Erwachsenen entwickeln.

Nur mit unserer Unterstützung werden sie in der Lage sein ihren Ruf im Internet zu verwalten, eine vernünftige Nutzung zu erlernen und die Schwierigkeiten, denen sie
unweigerlich begegnen werden vorauszusehen...Kurz gesagt, sich vom Zustand des "naiven Digitalen" zum "nativen Digitalen" zu entwickeln.


Sébastien Gendre, Responsable du Département Prévention et Formation, Action Innocence
www.actioninnocence.org
www.surferprudent.org
www.filtra.info








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